13. September 2015, Ironman Wales (3,8/180/42,2) in Tenby

Nach meinem letzten Ironmanstart von 2011 habe ich mich entschieden, in diesem Jahr wieder eine Langdistanz anzupacken. Auf dem Programm stand der Ironman Wales. Brigitte und ich haben diesen Anlass mit unseren etwas verspäteten Sommerferien kombiniert und sind mit dem Auto nach Wales gefahren. Wir sind quer durch Frankreich gereist und haben 4 Etappen bis zu unserem Zielort Tenby gemacht. Von Frankreich nach England sind wir auf dem Zug durch den Eurotunnel gefahren. Diese Querung dauert nur gerade 35 Minuten und ist sicher ein technisches Meisterwerk. 

In England angekommen war die erste Herausforderung, dass wir auf der „anderen Strassenseite“ fahren mussten. Da sich die Engländer sehr ruhig auf den Strassen bewegen, war diese Angewöhnung bald geschafft. Am Mittwoch sind wir dann in Tenby eingetroffen und haben unseren gemieteten Hausteil in St. Florence bezogen. Wir wurden sehr freundlich empfangen und haben uns gleich wohl gefühlt hier. Sogar das typisch englische Regenwetter hat sich zurück gehalten und wir konnten durchwegs schönes Wetter geniessen. 

Am Donnerstag sind wir mit dem Auto die Velostrecke abgefahren und mein Respekt davor wurde an diesem Tag noch um einiges grösser! Die Strecke ist ziemlich coupiert und weist ca. 2000 Höhenmeter auf. Es gibt kaum Abschnitte bei welchen es länger geradeaus geht und man sich allenfalls etwas erholen könnte. Die Strassenbeläge sind sehr rauh und teilweise in ziemlich schlechtem Zustand. Na ja, die Strecke ist für alle dieselbe. 

Am Freitag war dann das Racebriefing angesagt und letzte Informationen wurden den Athleten mitgeteilt. So etwa die Wassertemperatur im Meer mit 15°C. Gemäss Aussagen der Organisatoren und auch von vielen Athleten wird die Ironmanstrecke von Wales als der härteste Ironman weltweit eingestuft! ……………. Auf was habe ich mich da nur eingelassen? 

Am Samstag wurden alle für den Wettkampf benötigten Utensilien eingecheckt, das Velo bei Startnummer 173 im Veloständer platziert, die Wechselsäcke fürs Velo und fürs Laufen im Wechselzelt aufgehängt und für den Rest des Tages war dann mentale Vorbereitung angesagt. Am Nachmittag habe ich dann noch einen kurzen Lauf gemacht, am Abend haben wir uns Pasta gekocht und ich habe nachher versucht, so gut wie möglich zu schlafen. 

Am Sonntagmorgen um 4.00 Uhr klingelte der Wecker und ein langer Tag wartete auf Brigitte und mich. Nach fünf Uhr sind wir losgefahren Richtung Tenby, welches etwa 8 Kilometer entfernt lag. Parkplätze im Parkhaus waren jede Menge vorhanden, was wir sehr geschätzt haben. Vielfach ist die Anreise zu den Rennen mit dem Auto parkplatztechnisch sehr mühsam. Noch kurz in die Wechselzone und letzte Handgriffe getätigt. Es ist immer eine spezielle Atmosphäre, wenn so viele Triathleten und Zuschauer so früh morgens, meist noch im Dunkeln, sich für den Renntag bereit machen. Wettermässig sah es besser aus, als der Wetterbericht gemeldet hatte. Am Morgen hat es noch etwas genieselt und die Strassen waren nass. Dies sollte sich aber bald ändern und wettermässig wurde es ein sehr schöner und sonniger Tag.  

Der Schwimmstart ist etwa einen Kilometer von der Wechselzone entfernt und wir hatten dafür ein paar Laufschuhe dabei, welche wir am Strand unten deponieren konnten. Unten in der Bucht angekommen konnte man sich auf Grund von angenommenen Richtzeiten einordnen. Punkt sieben Uhr fiel der Startschuss und die Athletenkolonnen bewegten sich Richtung „kaltem“ Wasser. Der Vorteil mit der Einordnung nach Richtzeiten war, dass sich beim Losschwimmen schon alles gut verteilt hatte und es keine, wie sonst üblichen, Keilereien gab. Dies war hier wirklich sehr angenehm. Die Schwimmstrecke bestand aus einem Dreieckskurs, mit einem Landgang dazwischen. D.h. die Strecke musste zweimal absolviert werden. Die ersten paar hundert Metern lief es noch einigermassen gut. Doch schon als ich um die erste Boje herum geschwommen bin, habe ich die Orientierung verloren. Ich musste mich dann auf die vorgesehen Strecke zurück kämpfen und war hier schon ordentlich gefordert. Auf der zweiten Runde hatte ich dann das Gefühl. dass die Wellen und Strömungen immer heftiger wurden. Ich hatte immer mehr Mühe die Orientierung zu behalten und irgendwann wurde es nur noch ein Kampf. Ich musste immer darauf achten, dass ich keine Beinkrämpfe erhielt was für die Fortbewegung auch nicht förderlich gewesen ist. Mein ohnehin schon mässiger Schwimmstil verabschiedete sich zusehends und  entwickelte sich allmählich zu einer Hundeschwummkatastrophenüberlebenstechnik und ich hatte das Gefühl, dass ich den Strand heute nicht mehr sehe. Immerhin konnte ich noch so viel denken, dass mir eine Aussage von Schwimmtrainer René Friedli in den Sinn kam: Der Unterschied zwischen einem Schwimmer und einem Triathleten? Der Triathlet ertrinkt nicht! Also, ein bisschen Triathlet bin ich doch auch, ich werde jetzt doch nicht absaufen!? Irgendwie habe ich es dann doch noch an Land geschafft und war wirklich schon ziemlich „geschafft“. Mit einiger Mühe habe ich dann meine Laufschuhe angezogen und mich auf den Weg in die Wechselzone gemacht. Mir war so kalt und ich habe so geschlottert, dass ich Bedenken hatte ob mir beim Zähneklappern nicht noch die Plomben heraus fallen. Meine Stimmung war nun schon ziemlich tief unten.

Im Wechselzelt angekommen habe ich alle meine Siebensachen um mich ausgebreitet und sass einfach nur am Boden. Es dauerte eine ganze Weile bis ich dann soweit war und mich umgezogen hatte. Endlich auf dem Velo, war mir immer noch saukalt. Was hier klapperte war nicht etwa die Kette am Fahrrad sondern meine Zähne. Ich weiss nicht wie viele Kilometer ich brauchte, bis ich mich einigermassen warm gestrampelt habe, aber es waren etliche. Zum Glück hatte Petrus ein Nachsehen mit uns und die Temperaturen wurden angenehm. Die weiteren Kilometer passten dann und ich konnte einige Mitstreiter passieren. Bis zum Kilometer 40 war alles I.O. doch dann ist es passiert, bei der Getränkeaufnahme war ich einen Moment lang unkonzentriert und schon landete ich im Strassengraben. Scheint wirklich nicht mein Tag zu sein/zu werden. Angekratzter Helm, blutige, geschwollene linke Hand und beim Armauflieger links ist vorne die ganze Schalteinheit abgebrochen. Zum Glück kann ich aber beim Hauptlenker auch schalten und so konnte ich, nach dem zusammen sammeln aller abgeflogenen Teile, doch noch weiter fahren. Nun war meine Stimmung ganz im Keller und ich bin ziemlich lustlos weiter geradelt. Ich brauchte ziemlich lange, bis ich mich mental wieder einigermassen gefangen hatte. Nach etwa 120 Kilometern machten sich die Oberschenkel bemerkbar und ich musste etwas Druck vom Pedal wegnehmen. Die deftige Velostrecke hat alles von mir abverlangt, gab es doch Steigungen bis zu 18% und auch musste man sich immer wieder mit Gegenwind herum schlagen. Am besten nicht mehr auf den Tacho schauen und die 180 Kilometer hinter mich bringen, dies war dann meine Devise. Die hat schlussendlich auch geklappt. 

Dieses Mal lief es im Wechselzelt wesentlich speditiver und ich begab mich mit gemischten Gefühlen auf die Laufstrecke. Schon auf den ersten Metern fand ich keinen guten Rhythmus und freute mich, dass ich meinen Fröschi bei den Zuschauern sah. Ich hielt kurz bei ihr an und sie merkte wohl gleich, dass ich nicht gut drauf war. So lief ich aus Tenby heraus und es war auch hier so, dass die Laufstrecke alles andere als flach war. Nach wenigen Kilometern haben Körper und Geist ordentlich miteinander gerungen und beim achten Kilometer gab es für mich nur noch zwei Möglichkeiten, entweder marschieren und die noch zur Verfügung stehenden, knapp  8 Stunden bis zum Zielschluss „auskosten“ und finishen, oder das Rennen abbrechen. Ich habe mich für die zweite Variante entschieden und die Startnummer ausgezogen, Schluss, aus!! 

„Ist die Strecke zu hart, bist du zu weich“! 

Kurz darauf habe ich meinen treuesten Fan, meinen liebsten Schatz Brigitte getroffen und ihr Tost hat mir gut getan. Meine Enttäuschung war und ist riesig, aber ich muss zur Kenntnis nehmen, dass ich mit der Streckenführung in Wales überfordert war. Für mich sind hier zwei neue Erfahrungen zu verarbeiten: Das erste Mal hatte ich einen Velosturz in einem Wettkampf und zum ersten Mal in meinem Sportlerleben habe ich ein Rennen nicht durchgezogen! C’est la Vie. 

Das Umfeld zum Anlass hätte sehr gut gepasst. Sehr gute Wetterverhältnisse, viele nette Leute, motivierte Helfer, sehr gute Organisation und tolle Stimmung an der Strecke. Leider hat mir all dies an diesem Tag nicht geholfen.

Nun hatten wir ja noch ein paar Tage in unseren Ferien zur Verfügung, um einige Gegenden in Wales zu erkunden. Dies hat uns sehr gut gefallen, schöne Gegenden, sehr freundliche und hilfsbereite Leute, alles in allem, Wales war eine Reise wert.

Thomas LEDI