28. August 2016, Ironman Vichy (3,8/180/42,2)

In der letzten Saison ist mir der Hauptanlass mit dem Ironman Wales überhaupt nicht aufgegangen und deshalb habe ich mir für diese Saison nochmals eine Langdistanz als Saison-Höhepunkt vorgenommen. So meldete ich mich für den Ironman Vichy in Frankreich an. Dies bedeutete dann gleichzeitig auch den Beginn unserer Sommerferien.

Nachdem das Frühjahr wettertechnisch nicht gerade berauschend war, konnte ich mein Training in den zwei Monaten vor dem Wettkampf recht gut gestalten und ich war überzeugt, dass die Form stimmte. Die einzigen Bedenken, welche ich hatte, betrafen den letzten Wettkampf vor Vichy. Mit der Teilnahme am Bike-Marathon in St. Anton war ich mir bewusst, dass ich jahrelang keine Mountainbike-Kilometer mehr in den Beinen hatte und dass ich keine Risiken eingehen durfte. Das Rennen hat dann tip top geklappt und so war ich in der Woche vor meinem Hauptanlass guter Dinge.

Am Dienstag dem 23. August machte ich mich noch auf eine kurze Velorunde mit meiner Wettkampf-Maschine. Dass die Runde dann WIRKLICH KURZ wurde, war so nicht geplant. Auf der Durchfahrt in Wil habe ich rechts eine stehende Autokolonne überholt. Gleichzeitig ist im Gegenverkehr ein Auto nach links abgebogen und schon hat es geknallt! Alles ist sehr schnell gegangen und ich habe mich aufgerappelt. Natürlich wurde zuerst das Velo begutachtet und dann spürte ich schon, dass bei meiner rechten Schulter etwas nicht mehr so gut passte. Der Autofahrer und ich haben dann kurz die Namen ausgetauscht und ich hatte Glück, dass Walter Schachtler (ein guter Bekannter) in der Kolonne stand. Er hat sofort gewendet und mir angeboten, mein Velo und mich nach Hause zu fahren VIELEN DANK DAFÜR!!

Zu Hause sass ich dann wie ein Häufchen Elend und war am Boden zerstört. Es ging mir durch den Kopf, dass ich das Rennen wohl abhaken kann, das Velo kaputt in der Garage stand, die Arbeitstage vor den Ferien sowieso sehr hektisch waren und irgendwie alles NEGATIVE auf mich herein prasselte! Dass ich in solchen Momenten auf meinen liebsten Schatz Brigitte zählen kann, dies hat sie mir schon mehrmals bewiesen. Auch dieses Mal hat sie alles gegeben, um mich wieder einigermassen aufzubauen, und ich kann einfach nur sagen: DANKE VIEL VIEL MOL FÜR ALLES!!!

Die folgenden Tage habe ich dann nebst der Büroarbeit mit etlichen Arztbesuchen, Besuchen beim Velomechaniker, Besuch beim Physiotherapeuten und so weiter verbracht. Zu allem Elend hin haben wir dann auf dem Röntgenbild gesehen, dass der äusserste Bereich des rechten Schlüsselbeins einen quer liegenden Bruch aufweist. Was nun …? Der Arzt meinte, es gäbe zwei Varianten, die erste sei eine Operation, die zweite sei das Tragen eines „Rucksackes“ für ca. sechs Wochen. Ich sagte dann zu ihm, dass ich die dritte Variante wähle, ICH WERDE AN DER STARTLINIE STEHEN. Etwas ungläubig meinte er, dass dies nicht funktionieren werde, da ich schon auf der Schwimmstrecke kapitulieren müsse. Na, wir werden ja sehen!

Also bin ich am Mittwochabend ins Hallenbad gegangen und bin ein paar Längen geschwommen, dies mit der Erkenntnis, es wird schon irgendwie gehen. Also bin ich am nächsten Tag zum Physiotherapeuten und der hat mir die Schulter getapt. Auch wurde ich Dauergast bei Andy Fehr, weil ich hoffte, dass man mein Wettkampfrad wieder fahrtauglich hinkriegt. Dies war in so kurzer Zeit leider nicht möglich und ich war froh, dass mir die „Firma Fehr“ mein Trainingsrad noch etwas aufpeppte.

An dieser Stelle bedanke ich mich beim ganzen Team für die tolle Unterstützung und die Super-Bedienung!!

Am Freitagmorgen ging es dann los Richtung Vichy. Erstaunlicherweise machte ich mir zu diesem Zeitpunkt gar keine allzu grossen Gedanken und liess das Ganze einfach auf mich zukommen. Gut in Vichy angekommen freuten wir uns über das Treffen unserer ganzen Truppe:

Amanda, welche ihren ersten Ironman 70.3 am Samstag bestreiten wird und ein paar Tage später noch ihren 40. Geburtstag feiern konnte.

Paolo, Glauco und David, welche als Ueberraschung für Amanda als Team am Ironman 70.3 starten werden.

Giulielma, Sandra, Brigitte, Linda und Chrigi, welche als unsere Fans die Daumen halten werden.

Am Samstag waren wir dann alle im Wechselzonenbereich des Ironman 70.3 und feuerten unsere Athleten an. Alle lieferten ein tolles Rennen ab und ich gratuliere an dieser Stelle nochmals ganz herzlich für die tollen Resultate, IHR HABT ES EINFACH SUPER GEMACHT!

Gegen Abend habe ich dann zusammen mit meinem Schwiegersohn Chrigi noch eine lockere Laufrunde gemacht, anschliessend das Nachtessen genossen, alle Siebensachen gerichtet und mich frühzeitig aufs Ohr gelegt.

Wie dies immer so ist, heisst es am Wettkampfmorgen, früh aus den Federn, Müesli essen und ab in die Wechselzone. Velo prüfen, Wettkampfnahrung platzieren, Bike-Sack und Lauf-Sack kontrollieren und sich so langsam Richtung Schwimmstart begeben.

Leider betrug die Wassertemperatur 25°C, was zur Folge hatte, dass ein Neopren-Verbot herrschte. Dies war für mich natürlich unter diesen Bedingungen ein doppeltes Handicap. Zudem machte ich schon im Freibad die Erfahrung, dass ich bei solchen Wassertemperaturen, ohne Neoprenanzug, nach spätestens einer Stunde die Finger nicht mehr spürte und dass sich dann auch immer wieder Wadenkrämpfe bemerkbar machten. So begab ich mich mit ordentlich gemischten Gefühlen zum Wasserstart und los ging es.

Auf den ersten paar Metern konnte man bei meinem Schwimmstil sicher noch so etwas wie Crawl-Technik ausmachen, doch dauerte dies nicht sehr lange. Der linke Arm musste die Zug- und Druckarbeit praktisch alleine ausführen. Mit dem rechten Arm machte ich nur Alibicrawlzüge. Teilweise bin ich mit einarmigem Crawlzug geschwommen. Bei ca. 2500 Metern hat der linke Arm gemeint, dass es ihm stinke, die ganze Arbeit alleine zu verrichten und stellte auf „flügellahm“. Mein Vorwärtsdrang hielt sich „so“ arg in Grenzen und ausserdem spürte ich meine Fingerspitzen auch schon nicht mehr. Zu allem Ueberfluss stellten sich die gefürchteten Wadenkrämpfe ein, sodass ich einige Male abtauchen musste, damit ich meine Zehen mit der Hand hochziehen konnte. Irgendwie habe ich es trotzdem bis zum Schwimmausstieg geschafft und war froh wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Die Zeit für diese ersten 3800 Meter war natürlich katastrophal und über eine halbe Stunde über meinen normalen Zielvorstellungen.

Trotzdem war ich froh, dass ich mich durchgebissen hatte und war einigermassen optimistisch was das Velofahren anbelangte. Beim Wechseln liess ich mir Zeit und verabschiedete mich von meinen Liebsten, in der Hoffnung, dass ich auch die Velostrecke hinter mich bringen kann. Eigentlich war es schade, dass ich mit meinem Trainingsvelo starten musste, jedoch war die aufrechtere Sitzposition sicher ein Vorteil für meine lädierte Schulter. Aerodynamik war heute sicher nicht das Wichtigste für mich. Auf den zwei Velorunden fühlte ich mich recht gut und es lief ganz passabel. Leider bekam ich an diesem Rennen meinen allerersten Penalty, will heissen, dass ich vom Schiedsrichter eine 5-Minuten-Strafe erhielt. Er meinte, dass ich für einen Ueberholvorgang zu viel Zeit benötigte. Nach Reglement darf dieser Vorgang höchstens 20 Sekunden dauern. Ich nahm dies zur Kenntnis und sass in der nächst gelegenen Penaltybox meine 5 Minuten-Strafe ab. Etwa eine Stunde später war ich in der Wechselzone und bereitete mich aufs Laufen vor.

Meine Fans jubelten mir zu und feuerten mich an. Dies erzeugt immer wieder Hühnerhautfeeling und ist extrem motivierend. Der Marathon bestand aus vier Laufrunden und ich versuchte mein gewohntes Lauftempo anzuschlagen. Auf den ersten 15-20 Kilometern ist mir dies gelungen, doch dann wurde es extrem zäh. Ausgehend von der Oberschenkel- und Gesässprellung setzten hier happige Krämpfe ein. Diese setzen sich dann bis zu den schon vom Schwimmen erhärteten Waden fort, und ich musste immer öfters Geh- und Dehnpausen einlegen. Mit der Zeit musste ich auch meinen rechten Arm ab und zu einfach baumeln lassen, da die Schläge vom Laufen bis zur havarierten Schulter durchschlugen. So entwickelte sich die zweite Hälfte des Marathons zu einer äusserst anstrengenden Durchbeiss-Aktion.

Dass ich schlussendlich doch Richtung Zielstadion laufen konnte, hat mich persönlich extrem aufgestellt und ich nahm alle Körperspannungen zusammen, so dass ich doch noch mit einem einigermassen anständigen Laufstil die Ziellinie überqueren konnte.

Der Ironman in Vichy hat alles von mir abverlangt und ich musste körperlich und mental ziemlich an meine Grenzen gehen. Der Spassfaktor war nicht allzu oft vorhanden und trotzdem möchte ich diese Erfahrung nicht missen und fühle mich auch ein wenig stolz, dass ich dieses DING ins Ziel gebracht habe. Die erreichte Platzierung mit dem 4. Rang in meiner Kategorie ist für mich nicht so relevant, da ich mit meiner vorhandenen Form (ohne Unfall) sicher um die ersten beiden Plätze hätte mitkämpfen können.

Mein Fazit aus dem letzten und diesem Jahr ist, dass ich mich wohl von der Langdistanz verabschieden werde. Aufwand und Ertrag haben in diesen beiden Jahren so einfach nicht gepasst. Ich denke, dass ich mich in Zukunft eher auf die Ironman 70.3 (Mitteldistanz) konzentrieren werde und freue mich jetzt schon auf die Saison 2017!

Zum Schluss muss ich noch etwas Wichtiges los werden und meinem Schatz dafür danken, dass sie bei allen meinen Vorbereitungen und zeitintensiven Trainings so viel Geduld aufgebracht hat, mich immer an die Rennen begleitet hat und mich in allen Belangen unterstützt hat

BISCH EIFACH DIE BESCHT!

Thomas LEDI